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Kanada 2015, Tag 6: Hoodoo Creek

Nach einem schnellen „Kaffee & Riegel“-Frühstück (richtig gefrühstückt wurde wieder später) stand heute Morgen der erste Dumpvorgang auf dem Programm, also das Ablassen des Schmutzwassers und Auffüllen des Tanks mit Frischwasser. Man hatte die Instruktionen der netten Dame von CanaDream in Vancouver zwar noch im Ohr, aber eine natürliche Unsicherheit gesellte sich trotzdem hinzu. Doch jetzt hieß es: Augen zu und durch. Safety first! Erstmal die Gummihandschuhe an. Dann Seitenklappe auf, Schlauch raus, das Ende rein ins Dumploch und ab die Post. Schwarzwasser-Hebel ziehen, laufen lassen. Hebel wieder zu. Grauwasserhebel ziehen, laufen lassen. Am Ende noch ein wenig mit Wasser nachspülen – fertig. Dann 2x Toilette halbvoll laufen lassen und abziehen, ein drittes mal auffüllen und mit einem Chemiebeutelchen zusammen abziehen. Damit ist das gröbste erledigt. Anschließend noch den Wassertank wieder mit Frischwasser auffüllen – fertig. Alles wieder einfacher als gedacht.
Nach dem Dumpen sollte es dann auch ziemlich schnell losgehen. Heute stand die 180km lange Strecke bis zum Hoodoo Creek Campground im Yoho Nationalpark auf dem Plan. Alles aufsitzen – Abfahrt! Doch bevor es auf den Highway ging, mussten erst einige Camper noch aufgetrankt werden. Die örtliche ESSO-Station wurde kurzfristig von 6 Wohnmobilen in Beschlag genommen. Ein Schauspiel für sich. Dann ging’s los…

Nach einer Dreiviertelstunde erreichten wir unseren heutigen Frühstücksplatz am „Giant Cedards Boardwalk“. Ein rund 500 Meter langer, auf Bohlen befestigter Rundweg führt durch ein Waldgebiet in dem bis zu 800 Jahre alte Riesen-Lebensbäumen stehen. Doch vor dem Walk on the Board gab es erstmal Frühstück. Auf dem Parkplatz stand dafür eine entsprechend große Hütte, die von unserer Gruppe sofort belagert wurde. Anschließend hieß es dann „Sammeln vor dem Eingang zum Rundgang.“.
Mit Eintritt in den Wald bot sich uns ein toller Anblick von riesigen Bäumen und Grünplanzen, die in Bodennähe ihre großen Blätter ausbreiteten. Wenn die richtigen Bedingungen herrschen, wie hier im Mount Revelstoke Nationalpark, ist die Natur nicht aufzuhalten und präsentiert sich in ihrer ganzen Schönheit und Einzigartigkeit.
Ca. 200 Fotos später spuckte uns der Wald an anderer Stelle wieder aus und alle bereiteten sich auf die Abfahrt vor. Es ging weiter.

Nur 40km später gab es schon den nächsten Halt an der Glacier Park Lodge am Rogers Pass, dem Verbindungsstück zwischen dem Glacier Nationalpark und dem Mount Revelstoke Nationalpark. Die Lodge an sich ist wohl schon länger geschlossen aber das angrenzende Besuchermuseum kann man immer noch besichtigen. Der Eintritt ist Dank erworbenem Parkpass frei. Neben allerlei Infos zum Gebiet, zum Rogers Pass usw. fesseln einen besonders die ausgestellten Wildtiere, von denen man einigen in freier Wildbahn lieber nicht zu nah kommen möchte.  Angefangen vom kleinen Bieber, über Koyoten bis zum Berglöwen (Puma) fand alles seinen Platz in dem Museum.
Nach einer Stunde ging es zurück auf den Trans-Canada-Highway 1 Richtung Field.

Gegen 14 Uhr erreichten wir unser Tagesziel: den Hoodoo Creek Campground.
Am Fuße des Mount Vaux liegt dieser kleine Campground und hat entgegen der Anlagen in Hope und Revelstoke weder ein Office noch ein Waschhaus. Er bietet lediglich ein Plumpsklo, eine Grillhütte und einen bärensicheren Abfallcontainer. Dafür ganz viel Natur pur drumherum. Aber mit unseren luxuriösen Mobilen sind wir sowieso autark und es war auch nur eine Übernachtung geplant. So fielen wir also mit unseren 10 Mobilen auf dem Platz ein und die wenigen bereits anwesenden Campinggäste verfolgten interessiert unsere kleine Invasion. Von einsamem Camping konnte ab jetzt nicht mehr die Rede sein. Andreas lotste gewohnt souverän jeden einzelnen Camper an einen Stellplatz. Bis zum Nachmittag gab es Verschnaufzeit und Nahrungsaufnahme war im Grunde auch keine schlechte Idee. Das Frühstück war ja mittlerweile auch schon wieder etwas her.

Am Nachmittag, was Dank der Überquerung einer Zeitzone bereits eine Stunde eher war als noch am Morgen, teilten wir die Gruppe wieder auf die großen Mobile auf und so fuhren wir erneut mit 4 Gästen an Bord. Es ging zu den Wapta Falls. Einem Wasserfall, bei dem man am späten Nachmittag bei guten Wetterbedingungen einen Regenbogen zu sehen bekommen soll. Bereits die Fahrt mit den Campern zum Parkplatz geriet zum Abenteuer. Die Zufahrtsstraße abseits des Highway war übersät mit Bodenwellen und Schlaglöchern. Alles im Mobil klapperte und rappelte. Man fühlte sich wie auf einem Schiff bei starkem Seegang. Gott sei Dank wurde keiner der Insassen seekrank.
Pünktlich zum Start der Wanderung zu den Wapta Falls begann es leider zu regnen. Und der Wind frischte auf. Im Schutz der Bäume war der Regen zunächst noch erträglich. Wenig später wurde es aber immer unangenehmer und der Wind brachte sogar erste kleine Bäume zu Fall. Von einer Anhöhe hatten wir freien Blick auf den Wasserfall, schossen aber nur schnell ein paar Fotos und legten dann den Rückwärtsgang ein. Es war zu gefährlich um weiterzugehen. Der Rückweg bei ströhmendem Regen und tosendem Wind wollte kein Ende nehmen. 500m vor dem Parkplatz passierte dann, was passieren musste: Der Regen hörte auf und blauer Himmel kam zum Vorschein. Schönen Dank auch!

Wir verstauten unsere nassen Regenjacken und Rucksäcke in einem der Seitenfächer am Camper und fuhren über die Holperstrecke zurück zum Highway und weiter zum Campground.
Ich hatte gerade eingeparkt und den Motor abgestellt, da bemerkte einer unserer Mitreisenden von draußen, dass während der Fahrt die Seitenklappe aufgesprungen war. Mir wurde heiß und kalt! Hatte ich vergessen die Klappe richtig zu schließen!? Hatte ich jetzt alle Jacken und Rucksäcke unterwegs verloren!? Ach du Schei…!!
Ich stürmte raus, um mir selbst ein Bild zu machen. Verdammt! Die Klappe stand wirklich sperrangelweit offen. Aber es war nicht die Klappe, in der wir unsere Klamotten verstaut hatten sondern die, hinter der wir unsere Koffer und Campingstühle lagerten. Aber… es war alles noch da! Der Koffer war Gott sei Dank zu sperrig und hatte es unterwegs nicht bis in die Freiheit geschafft. Er blockierte quasi während der Fahrt die offen Luke von innen. Puh! Nochmal Glück gehabt.

Das Wetter blieb im weiteren Verlauf des Abends trocken. Fleissige Bienchen hatten bereits während unserer Pause nach Ankunft am Campground ordentlich Brennholz gemacht. Vorgeschnittene Baumstämme gab es dafür auf dem Platz, das Beil zum Hacken hatten alle von CanaDream ausgeliehen bekommen. So konnten wir uns nach dem Schreck mit der offenen Klappe direkt um’s Essen kümmern, denn diesmal konnte endlich auf offenem Feuer gegrillt werden. Es wurde ein rundum gelungener Abend. Alle saßen noch lange draußen, an Tischen oder gemütlich am Feuer und wir merkten kaum, wie die Nacht über uns hereinbrach. Die Stirnlampen kamen zum Einsatz und leuchteten uns vor allem am Ende des Gelages auch wieder den Weg zurück zum Camper. Gute Nacht, Hoodoo Creek!

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