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Kanada 2017: Tag 9- Welcome to Nanaimo

Gegen 9:30 Uhr direkt nach dem Frühstück ging es wieder los. Die Koffer wurden, inzwischen längst routinemäßig, wieder im Auto verstaut und nach einem kurzen Zwischenstopp am Supermarkt in Sooke ging es weiter Richtung neuem Etappenziel: Nanaimo.
Rund 120 Highwaykilometer entlang der Ostküste von Vancouver Island lagen vor uns. Die Fahrt verlief recht unspektakulär zumal die Strecke für das Fahrer- und Beifahrerauge auch nicht ganz so viel zu bieten hat. Die meiste Zeit wird der Highway wie deutsche Autobahnen links und rechts von Baumreihen flankiert, so dass der Blick auf die schöne vorbeiziehende Landschaft leider versperrt bleibt.

Um ca. 12:30 Uhr erreichten wir unsere neue Unterkunft in Nanaimo. Die gebuchte Ferienwohnung lag in einem beschaulichen Wohngebiet an einer abschüssigen Anliegerstraße. Als wir aus dem Auto stiegen und uns ein erstes Mal umsahen, blieb unser Blick direkt am Panorama hängen. Die Gegend war so hoch gelegen, dass man von hier aus die Straße runter sogar Meerblick hatte. Ein Träumchen, wenn auch zu der Zeit alles grau in grau mit Wolken verhangen war. Unsere Gastgeberin war wieder äußerst nett. Sie zeigte uns die kleine Einliegerwohnung, die über die Gartenseite ihres Hauses zu erreichen war. Die Einrichtung gab alles her, was man für eine paar unbeschwerte Tage zum Leben brauchte.

Nachdem wir unsere Koffer vom Vehikel in die 4 Wände verfrachtet hatten machte sich auch ein wenig Hunger breit. Also sattelten wir umgehend die Pferde und machten uns auf die Suche nach einem geeigneten Restaurant. Es musste auch gar nichts großartiges sein. Im nahegelegenen Gewerbegebiet sollten wir laut Google Maps schon irgendwie fündig werden: Pizzeria, White Spot, Chinese… alles da. Aber leider auch alles voll. Denn was wir nicht auf dem Schirm hatten: Vatertag! Alle Kanadier zelebrierten im Kreise der Familie den Ehrentag ihrer Erzeuger. Alle gängigen Läden, die wir ansteuerten waren gerappelt voll und außerdem waren alle so super gut angezogen. Da fühlten wir uns in unserer Jack Wolfskin-Ausgehuniform schon rein äußerlich etwas fehl am Platz. Wir wollten schon fast mit hungrigen Mägen den Rückzug antreten als wir in einem letzten Versuch ein kleines mexikanisches Restaurant entdeckten. Und, oh Wunder, es war fast komplett leer. So leer, dass wir kaum Zeit hatten die handschriftliche Karte an der Thekenfront durchzuarbeiten bevor wir bereits nach unseren Wünschen gefragt wurden. Tex-Mex-Food vom feinsten landete am Ende auf unseren Tellern. Echt lecker war’s im Delicado’s!

Gut gestärkt fuhren wir zurück zur Wohnung. Es war inzwischen Nachmittag aber bevor wir die Unterkunft wieder aufsuchten, war uns erstmal nach einem kleinen Verdauungsspaziergang. Das Meer lag uns – einmal die Straße runter – quasi zu Füßen. Eine lange Holztreppe führte letztlich von der Straße fast bis an den Strand. Der Strand war ein reiner Naturstrand. Viele große und kleine Steine, teilweise bedeckt von Algen und damit nicht nur für ungeübte Füße ziemlich glitschig. Einige größere Felsen lockerten das Bild zusätzlich auf. Wir waren alleine am Strand. Es gab keine großen Wellen und so plätscherte das Wasser seicht dahin. Herrlich. Etwas später kam noch ein Mann mit 2 größeren Hunden hinzu. Er sah uns und steuerte irgendwie direkt auf uns zu. Wie wir es von den Einheimischen gewohnt waren, sprach er uns super nett an und wollte wissen, wo wir den her kommen und was uns nach Nanaimo verschlägt. So lockere und ungezwungene Gespräche sind für uns immer wieder ein Highlight auf unserer Tour. Ein weiteres Highlight schloss sich quasi nahtlos an diese spontane Begegnung an. In den Bäumen am Ufer entdeckte ich in einiger Entfernung einen Adler. Da ich glücklicherweise nicht nur meine Kamera dabei sondern zudem auch noch mein Wildlife-Objektiv angesetzt hatte, versuchte ich dem Tier noch ein wenig näher zu kommen. Bis auf ca. 20m konnte ich mich ihm nähern. Dann wurde er nervös, breitete seine Flügel aus und hob ab. Welch ein Moment! Er gleitete in ca. 5m Höhe direkt über meinen Kopf hinweg. Wow!

Nach dem spontanen Strandbesuch waren wir irgendwie angefixt. Wir wollten noch mehr vom Umland sehen, bevor sich ein weiterer Reisetag dem Ende neigte.
Also wieder rein ins Auto und auf gut Glück einfach mal los. Die Region rund um die nahegelegene Nanoose Bay sah auf Google Maps im Handy ganz vielversprechend aus. Dort angekommen erwies sich die Erwartung aber als etwas zu hoch. So durchfuhren wir das Gebiet und landeten am Ende im Moorecroft Regional Park. Ein Parkplatz lag mitten in einem kleinen strandnahen Wäldchen. Was uns neben den alles überragenden Bäumen sofort ins Auge sprang war ein gelbes Warnschild: „Attention! Bear in area!“ Nur wenige Tage zuvor wurde hier noch ein Bär gesichtet. Und sofort hebt sich der Puls um gute 10 Schläge pro Minute. Der Blick umher wird aufmerksamer. Wir waren alleine hier. Unser blaugrauer Nissan-Kompakt-SUV stand ein paar Meter entfernt von uns einsam auf dem Parkplatz. Bärenspray? Fehlanzeige! Wir überlegten kurz, ob wir den Pfad zu Fuß zum Wasser gehen wollten. Am Ende sagten wir uns: „Immer schön laut sein, dann wird Meister Petz sicher schön fern bleiben.“ Sicher…? Jedes Rascheln oder Knacken abseits des Weges jagte uns einen kurzen Schauer über den Rücken und ließ uns kurz innehalten. War da was? Nein. Weiter. Wir waren kurzerhand Mitglieder im Singen-und-Klatschen-Verein geworden, um den Bären zu sagen: Bleibt weg! Wir sind schon hier.“ Wir errichten die Bucht sicher und unbeschadet. Kein Bär in Sicht. Auch der spätere Rückweg verlief ohne Feindkontakt. Am Auto angekommen tanzte uns ein kleiner Vogel förmlich auf der Nase herum. Wir mussten echt aufpassen, dass er beim Einsteigen nicht mitreinhuschte. Unverschämter Kerl!

Genug Aufregung für heute. Die Dämmerung setzte schon leicht ein, als wir uns auf den Heimweg machten. Viel älter wurden wir an dem Abend auch nicht. Es gab noch ein bisschen was auf die Gabel und ein paar Knabbereien auf der Couch bis uns wenig später auch schon die Augen zufielen. Gute Nacht, Nanaimo!

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